SS-genutztes Gebäude: Leisnig, Fischendorf 27b

a) SA.-Schule für Pioniersport (1933-1935)
Unter Führung der SA. wurden ab Juli 1933 im Deutschen Reich Wehrertüchtigungslager, sogenannte "SA.-Sportschulen", aufgebaut. Diese Schulen standen unter Aufsicht der Dienststelle  "Chef Ausbildungswesen der SA.", auch kurz als Chef AW. bezeichnet. In Leisnig wurden zwei solcher Schulen aufgestellt. Eine davon befand sich in der stillgelegten Metallfabrik Fa. Heinrich Ahmels, Fischendorf 27b. Hier fand im Laufe des Jahres 1933 eine SA.-Schule Unterkunft. Der Schwerpunkt der wehrsportlichen Ausbildung muß relativ frühzeitig auf dem Pionierwesen gelegen haben. Die Lage des Grundstückes unmittelbar am Ufer der Freiberger Mulde dürfte dafür ausschlaggebend gewesen sein.
Katalogauszug Fa. Heinrich Ahmels (ca. 1933)
Die gesamte Anlage wurde vermutlich in mehreren Bauabschnitten umgebaut. Am 1.April 1934 wurde ein erster Abschnitt fertiggestellt. Die Baukosten dafür betrugen ca. 125.000,00 RM., welche vom Privateigentümer getragen wurden.
Briefkopf "SA.-Schule für Pioniersport" (Q: StA. Leisnig)
Am 25.9.1934 erfolgte eine Bauantragstellung für weitere Umbauarbeiten in der „SA.-Schule für Pioniersport“ durch das Stadtbauamt Leisnig. Bauherr war die Stadt Leisnig. Geplant wurde die Unterbringung von 144 Personen und die Errichtung von einem Wachraum, WC-Anlage, Heizung, Schulungsräume im Erdgeschoss, von 8 Stuben mit je 16 Mann, 2 Stuben mit je 8 Mann, Abstellkammer für 1. Sturm, Stube für Kammerwart, Wasch-und WC-Anlagen, Schulwart-, Zugführer- und Gruppenführer-Zimmer, Frisör-Stube, Verwaltungsstuben im Obergeschoss und von Handwerker-und Gruppenführer-Stuben im Dachgeschoss. Im Kellergeschoss wurde die Einrichtung von Speisesaal, Kantine, Essenausgabe, Verkaufsraum, Aufwaschküche, Duschraum und Abstellräume sowie Kranken-, Untersuchungs- und Sanitäterstube im Kellergeschoss vorgesehen.
Gebäudekomplex ehem. Fa. Ahmels ca. 1935 (Q: PiKa Dresden)
b) SS.-Pioniersturmbann (1935-1937)
Am 1.März 1935 wurde zwecks Übernahme der Pionierschule des Chef AW und Aufbau eines SS-Pioniersturmbannes ein Aufstellungsstab in Fischendorf gebildet. Dazu gehörten u.a. folgendes Stabspersonal :
Kommandeur : Karl Demme; Adjutant : Kurt Launer;
Ausbilder: Wehrmachtsoffiziere Adam und Röder sowie die SS-Führer Heinz Lammerding, Günther Ramspeck, Max Schäfer, Ferdinand Tietz und Kurt Wawrzik und die SS-Unterführer Heinrich Hoop, Walter Maasch, Hans Möller, Eugen Nowack und Otto Witt.
Gleichzeitig wurde mit einem Auswahllehrgang für das Stammpersonal begonnen. Anfangs fanden sich 250 Lehrgangsteilnehmer als Führer-und Unterführerbewerber ein. Nach einer ärztlichen Untersuchung verblieben noch 150 Teilnehmer. Der Bewerberkreis rekrutierte sich zu einem großen Teil aus Angehörigen der aufgelösten SA.-Sportschulen. Weiterhin bildeten Allgemeine-SS, Politische Bereitschaften und Reichswehr Rekrutierungsfelder. Ende April 1935 trafen die ersten Freiwilligen mit 4-jähriger Dienstverpflichtung ein. Der reguläre Dienstbetrieb begann.

Revierreinigen und Waffenappell des 1.Sturmes im Jahr 1935 (Q: PiKa Dresden)
Der 1. unn 3.Sturm (Sturm=Kompanie) wurden in Fischendorf untergebracht. Der Batillonsstab, die Verwaltung, der technische Stab und der 2.Sturm wurden in der ehem. SS-Sportschule (vormals Fa. Zehl) kaserniert. Heinrich Hoop, ehemaliger Angehöriger des SS-Pioniersturmbannes, erinnert sich: "[...] Sie [die 1. und 3. Kompanie] waren damit durch die Mulde vom Landübungsplatz getrennt. Beide Kp. setzten daher häufig mit Pontonfähren über die Mulde und so herrschte zwangsläufig zwischen der Kaserne und dem Wasserübungsplatz ein regulärer Pendelverkehr. [...]".

Übersicht SS-Pioniersturmbann (Kartenausschnitt ca. 1937)

Wasserübungsplatz Freiberger Mulde mit Pioniergerät (Q: PiKa Dresden)
Ausbildungsfotos vom Wasserübungsplatz (Q: PiKa Dresden)
Im Bericht von Heinrich Hoop heißt es weiter : "[...] Für die infanteristische Ausbildung im Gelände stand neben dem Landübungsplatz auch das Übungsgelände des Heeres zur Verfügung. Das Schießen mit scharfer Munition und das Werfen scharfer Handgranaten wurde auf dem Schießstand des Heeres durchgeführt.".
Im April 1937 siedelte der gesamte "SS-Pioniersturmbann" in die neu erbaute Kaserne nach Dresden-Trachenberge über. Die Gebäude wurden von einer Pioniereinheit der Wehrmacht übernommen.
Im September 1938 erhalten hier ca. 1.000 sudetendeutsche Männer eine paramilitärische Ausbildung. Vermutlich handelte es sich dabei um Angehörige des Sudetendeutschen Freikorps.
In der DDR wurde in Gebäudeteilen ein Alten-und Pflegeheim betrieben, welches hier aber im Jahr 1995 auszog. Diese Räumlichkeiten stehen seitdem leer und verfallen. Andere Gebäudebereiche sind gewerblich vermietet.