SS-genutztes Gebäude : Leisnig, Adolf-Hitler-Platz Nr. 8

Auf dem Grundstück Lindenplatz Nr. 8 (zw. 1933 bis 1945 "Adolf-Hitler-Platz Nr.8"), existierte bis 1931 die Schuhfabrik Fa. Heinrich Zehl & Co.. Das Fabrikgrundstück befand sich direkt zwischen der damaligen Bürgerschule und der Realschule (später "Hans-Schemm-Schule" und "Peter-Apian-Schule" bzw. Oberschule) der Stadt Leisnig. Nach Schließung des Unternehmens verhandelten die Erben ab Frühjahr 1933 mit der Stadt Leisnig über eine Vermietung der teilweise leerstehenden Gebäude. Nach Abschluß eines Mietvertrages vermietete die Stadt Leisnig die Räumlichkeiten an die SA. als Gliederung der NSDAP. weiter. In den ehemaligen Fabrikräumen sollte ursprünglich eine zweite SA.-Sportschule (die erste befand sich bereits in Leisnig-Fischendorf) eingerichtet werden. Tatsächlich fand zwischen 1934 bis 1937 eine Nutzung durch die SS. statt : zuerst als sogenannte SS-Sportschule, danach als Kaserne für den SS-Pioniersturmbann der SS-Verfügungstruppe.

1.) SS.-Sportschule (1934-1935)
Bis zum 20. Juli 1934 unterstand bekanntermaßen die SS. der Stabsführung der SA.. Somit ist es auch verständlich, daß die Errichtung der SS.-Sportschule im Frühjahr 1934 im Verantwortungsbereich des Amtes "Der Beauftragte des Chefs des Ausbildungswesen der SA, der Obergruppe IV (Dresden)" lag. Ende Januar 1934 erfolgte der Entschluß, in Leisnig eine SS.-Sportschule aufzustellen. Die Baukosten für die erforderlichen Umbauarbeiten betrugen ca. 100.000,00 RM., wobei ein Betrag in Höhe von 16.000,00 RM. durch die SA. bezuschußt wurden, den Rest trug die Stadt Leisnig.
Mitte März 1934 waren die Umbauarbeiten weitestgehend abgeschlossen. Nach Abschluß der Bauarbeiten und dem Abriß des Fabrikschornsteines wurde am 1.April 1934 der Schulbetrieb der SS.-Sportschule aufgenommen.
Grundstück ehem. Schuhfabrik Zehl (Foto: ca.1920; Q: Privat)
Im Wohnhaus "Adolf-Hitler-Platz Nr.8" befanden sich Revierstube, Wohnung Schulleiter und Wohnung Schulwart, Unterkunfträume im 1.OG und 2.OG sowie Bäder mit Sanitäranlagen. Im Nebengebäude befanden sich Kantine, Küche, Wirtschaftskeller und Büroräume. Im Fabrikgebäude wurden Mannschaftsräume mit 75 Öfen eingerichtet.
Im April 1934 wurde ein 6-wöchiger Kursus für SS-Angehörige des SS-Sonderkommando "Sachsen" in der sogenannten "SS-Sportschule Leisnig" unter Leitung des Sportausbilders Carl Schmidt durchgeführt. Ein damaliger Teilnehmer beschreibt es folgendermaßen: "[...] Da die Kaserne in Dresden-Trachenberge noch nicht ganz bezugsfertig war, wurden wir Neueinberufenen in einen Kursus zur SS-Sportschule Leisnig vom 3.4.34 – 12.5.34 geschickt. [...]".
Briefkopf "SS.-Sportschule Leisnig" (Q: StA. Leisnig)
Weiterhin wurde hier die sportliche und vormilitärische Ausbildung von SS-Angehörigen des SS.-Oberabschnittes Elbe betrieben. Während des Schulbetriebes wurden parallel weitere baulichen Maßnahmen durchgeführt : Einbau Sanitäranlagen, Fassadenarbeiten, Wandlüfteranlage und Speiseaufzug in der Kantine. Anfang 1935 erfolgte eine Umorganisation: aus der SS-Sportschule wurde die "Ausbildungs-Schule Leisnig" mit Unterstellung bei der umorganisierten Dienststelle "Chef des Ausbildungswesens". Ende März 1935 wurde die Schule schließlich endgültig aufgelöst.

a) Schulleiter : 

Carl Schmidt (1911-?), stammte aus Reuth im Vogtland, und gehörte seit Anfang 1931 der Plauener SS an. Dort war er vorallem als Sportausbilder tätig. U.a. auch deshalb wird er den Sportlehrgang des SS-Sonderkommandos "Sachsen" im April und Mai 1934 an der SS-Sportschule Leisnig geleitet haben. Danach wurde Carl Schmidt an der Chef AW.-Stammschule Bunzlau eingesetzt. Im Sommer 1934 kam er wieder als SS-Führer zur 7.SS-Standarte nach Zwickau bzw. Plauen zurück.

Bernhard Bartelt (1901-1945), geboren in Straußberg, gehörte der SS seit 1931 an und leitete von Juni 1934 bis zur Auflösung im März 1935 die SS-Sportschule in Leisnig. Danach war er u.a. für den SD in Dresden tätig.

b) Schulwart (Verwaltung) : 

Herbert Huth (1903-?), in Lommatzsch geboren, war vom 20.3.1934 bis zum 18.2.1935 Schulwart der "SS-Sportschule Leisnig". Anschließend wechselte er als Verwaltungsführer zum SS-Pioniersturmbann in Leisnig.

Fritz Sorske (1885-?), gebürtig aus Carlsruhe in Oberschlesien, nahm im Frühjahr 1934 an einem SS-Verwaltungsführerlehrgang teil. Danach war er u.a. an der SS-Führersportschule Leisnig tätig.

2.) SS.-Pioniersturmbann (1935-1937)
Nachdem ein Auswahllehrgang zur Aufstellung eines Pioniersturmbannes (=Bataillon) der SS-Verfügungstruppe in der ehem. Ahmel´schen Fabrik Ende März 1935 abgeschlossen wurde, fand ab dem 1.4.1935 die reguläre Aufstellung des Pioniersturmbannes statt. Der Sturmbannstab mit Verwaltung, der Technische Stab, der Musikzug sowie der 2.Sturm (=Kompanie) wurde in den Räumen der ehem. SS-Sportschule im Stadtbereich Leisnig untergebracht.
SS-Unterkunft / Kartenausschnitt Stadtplan ca. 1937
Die restlichen Truppenteile befanden sich in Fischendorf direkt an der Freiberger Mulde. Die Ausbildung im Brückenbau und Wasserdienst fand am Wasserübungsplatz an der Mulde statt. Außerdem wurde u.a. eine Spezialausbildung in Sperr-und Sprengdienst durchgeführt. Im Frühjahr 1937 erfolgte die Verlegung des SS-Pioniersturmbannes in die neugebaute SS-Pionierkaserne nach Dresden-Trachenberge.

a) Kommandeur :
4.1935-12.1935 : Karl Demme (1894-?)
1.1936-10.1939 : Karl Blumberg (1889-1948)

b) Verwaltungsführer :
Hans Eichele (1901-?)
Willy Antelmann (1900-?)

c) Technischer Führer Pionierwesen (TFP) :
Ferdinand Tietz (1903-1982)
Walter Zimmermann (1897-1995)
Franz Blase (1899-?)